Im Rahmen der Berichterstattung zur Landtagswahl am 1.September veröffentlichte die MOZ in dieser Woche ein Interview mit dem CDU-Direktkandidaten Michael Möckel. Hierin offenbart Herr Möckel, was den meisten Wählern in unserer Stadt schon hinlänglich bekannt ist. Die CDU, und damit eben auch Herr Möckel, leben in einem seltsamen Universum der Selbsttäuschung und völligen Unfähigkeit zur Selbstreflexion.
Besonders deutlich wird dies, wenn Möckel fordert, dass „ die digitale Infrastruktur (…) nicht weiter aus Funklöchern bestehen (darf), sondern ein schnelles, leistungsfähiges Netz ausgebaut werden(muss).“ Natürlich ist diese Forderung vom Grundsatz her absolut richtig, aber wenn ein Vertreter der CDU sie stellt, bleibt doch ein fader Beigeschmack. Gerade die Digitalisierung in Deutschland kann mit ihren extremen Defiziten neben der katastrophal verfehlten Asylpolitik als klarer Offenbarungseid der Merkel- Regierung angesehen werden.
Dazu setzt Möckel noch einen drauf und fordert: „ kürzere Taktzeiten auf der Schiene…“ zwischen der „Europa-Stadt Frankfurt und (der) Metropole Berlin“. Auch dies erscheint zunächst völlig nachvollziehbar. Aber die Frage, warum dies in den letzten 30 Jahren nicht geschah unter zumeist CDU- Bundesregierungen und der 10jährigen Beteiligung der Union an der Landesregierung bis 2009 (wie auch andere zahlreiche Unterlassungen bei dringenden Investitionen in die Infrastruktur), stößt einem hierbei doch sauer auf.
Die Krönung der Unfähigkeit zur Selbstreflexion aber offenbart sich am deutlichsten im Bereich der inneren Sicherheit. „Wir brauchen wieder mehr wahrnehmbare Polizei auf der Straße. 100 Streifen in einem Flächenland und davon zwei in Frankfurt sind einfach viel zu wenig. 2010 hatten wir etwa 9000 Polizisten, heute etwa 8000. Wir brauchen deutlich mehr als diese Zahl. Einmal für die Bekämpfung der Kriminalität und aus Verantwortung für die Beschäftigten der Polizei, die am Limit arbeiten.“, schwadroniert Michael Möckel.
Hallo?! Er weiß er doch ganz genau, welche unsäglichen „Umstrukturierungen“ und massiven Stellenkürzungen gerade die CDU zwischen 1999 und 2009 in Brandenburg mit zu verantworten hat. Auf Bundesebene und in beinahe allen Ländern hat die CDU ebenso katastrophal agiert.
Doch statt die fatalen Fehler einzugestehen, gefällt sich Herr Möckel in seiner Hybris als vermeintlicher Mahner. Auf die Frage der MOZ, weshalb Möckel für den Landtag kandidieren möchte, gibt er doch tatsächlich zum besten: „Ich möchte als bodenständiger Buchhändler nicht, dass dies der AfD-Kandidat ist, der wirkliche Probleme öffentlich bagatellisiert, herum pöbelt und nachweislich in der Stadtverordnetenversammlung fünf Jahre nichts gemacht hat.“
Aha. Herr Möckel streitet also unterschwellig einem Bundespolizisten, d. h. Staatsdiener, der täglich mit den fatalen Konsequenzen einer verantwortungslosen Innenpolitik konfrontiert wird, die Bodenständigkeit ab. Da wird einem ja so einiges Obskures aus dem wundersamen Selbstverleugnungsuniversum dieses „Buchhändlers“ klar. Offenbar glaubt er vielleicht inzwischen selbst die Märchen, die er möglicherweise beim Warten auf Kundschaft liest.
Doch auch ganz real gibt Herr Möckel wenig Überzeugendes für seine Wahl als Vertreter unserer Stadt im Landtag her. Abgesehen von einer eher fragwürdigen Positionierung auf Platz 23(!) der Landesliste, welche wohl vom „unbedingten Vertrauen seiner Parteifreunde“ kündet, ist es vor allem seine Wankelmütigkeit bei geradezu existentiellen Entscheidungen in der Stadtverordnetenversammlung (SVV). Gleich bei der ersten Sitzung der neuen SVV demonstrierte er diese unmissverständlich.
Obwohl seine Fraktionskollegen Wolff und Schönherr in ihren Debattenbeiträgen klar ihre nachvollziehbaren Vorbehalte gegen die Durchpeitschung der sog. Konsolidierungsvereinbarung mit dem Land äußerten und richtigerweise auch auf das Fehlen jeglicher Möglichkeit zur eingehenden Befassung, Beratung und Diskussion, verursacht durch die Rathausspitze, hinwiesen, verwarf Möckel diese Bedenken ohne Not. Stattdessen stimmte mit einem Male zur Verwunderung vieler die CDU-Fraktion zu und machte sich zum Steigbügelhalter des Linksblocks in der SVV.
Ob das die CDU-Wähler so wollten? Die fatalen Konsequenzen für unsere Stadt, wie die weiteren Erhöhungen von Steuern und Abgaben zum Nachteil der Bürger und Gewerbetreibender wird er und seiner CDU nun ihrer verblüfften Wählerschaft erklären müssen. Dabei hatte die CDU doch im Kommunalwahlkampf ganz anders getönt.
Daraus lässt sich eigentlich nur der Schluss ziehen, dass Herr Möckel selbst nicht mehr an den Wahlsieg seiner Partei glaubt. Wie auch, wenn die Wähler dieser Partei ganz „bodenständig“ so verschaukelt werden. Es ist leichter einen Wackelpudding an die Wand zu nageln, als die CDU zu klaren Bekenntnissen zu bewegen.
Am Ende muss jeder selbst entscheiden, wie sehr er sich von einer solchen Systempartei weiter verraten lassen will.
Apropos Vertrauenswürdigkeit: Dass der AfD- Kandidat „ …nachweislich in der SVV… nichts gemacht hat“ ist eine klare Lüge. Das beweisen mehr als 30 Anfragen und Anträge der alten Fraktion. Hierzu kommen noch detaillierte Konzeptionen zur vollständigen Streichung der Kita- und Hortgebühren in Frankfurt und zur weitestgehenden Absenkung der unseligen Straßenbaubeiträge und das bei einer wesentlich kleineren Fraktion.
Ach ja, unseren Antrag zur Einrichtung einer Alkoholverbotszone in der Innenstadt und mehr Mitarbeiter im Ordnungsamt mit polizeiähnlichen Uniformen ist 2014 noch als „nicht relevant“ abgelehnt worden, um es nur Monate später wieder aufzugreifen. Aber das kennt man ja.